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*Veranstaltungen (1996–2015) im Rahmen des »Turm der Sinne« sind vor Gründung von Kortizes abgehalten worden; jedoch mit maßgeblicher Arbeit des heutigen Kortizes-Teams. Die Auflistung hier erfolgt nur aus archivtechnischen Gründen.

Strafe oder Therapie?
Über einen menschen­würdigen Umgang mit Gewalt­straf­tätern

Vortrag von Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth

Das geltende Strafrecht setzt Willensfreiheit voraus: Auch wenn ein Täter durch vielfältige Motive zur Tat gedrängt wurde, war er dennoch in der Lage, sich gegen diese Motive zu entscheiden. Für die Schuld eines Täters ist konstitutiv, dass er dies nicht getan hat. Dies begründet Strafe als Vergeltung und Sühne. Aus neurobiologisch-psychologischer Sicht ist dieser Schuldbegriff zweifelhaft. Menschen handeln aufgrund unbewusster oder bewusster Motive, die ihre Wurzeln in genetischen Prädispositionen, frühkindlichen Prägungserlebnissen, Erziehung oder Erfahrung haben. Gewaltstraftäter werden entweder durch ein Milieu konditioniert, das ihnen Gewalt als normal bzw. zweckdienlich vermittelt, oder sie haben genetische, neurobiologische und psychische Defizite, die sie zu reaktiv-impulsiven oder zu proaktiv-psychopathischen Tätern machen. Es erscheint deshalb unethisch, ihnen eine persönliche Schuld zuzusprechen. Auch erweist sich bei ihnen Strafe als ein pädagogisch untaugliches Mittel. Sie haben aber ein Recht auf Hilfen, z.B. in Form einer Therapie, die es ihnen ermöglichen, in Zukunft ein Leben in Freiheit zu führen.