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Ist der bewusste Wille eine Illusion?
Mechanismen der Selbst­kontrolle und willent­lichen Handlungs­steuerung

Vortrag von Prof. Dr. Thomas Goschke

Die Annahme, dass wir über Willensfreiheit und die Fähigkeit zur Selbstkontrolle verfügen, und – sofern wir keinen äußeren Zwängen unterliegen – bewusst entscheiden, was wir tun wollen, spielt eine wichtige Rolle in vielen sozialen und gesell­schaft­lichen Kontexten und ist Grundlage der Zuschreibung persönlicher Verantwortung. Demgegenüber wird häufig argumentiert, dass die Idee eines freien Willens durch Ergebnisse der Psychologie und Neurowissenschaft in Frage gestellt wird. So scheinen empirische Befunde zu zeigen, dass Handlungen, die wir als frei und selbstbestimmt erleben, in Wirklichkeit durch unbewusste Gehirnprozesse determiniert sind. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Beispiele dafür, dass Menschen ihre Absichten nicht in die Tat umsetzen, sondern momentanen Versuchungen nachgeben oder impulsive Entscheidungen treffen, obwohl diese im Widerspruch zu ihren langfristigen Zielen stehen und Personen sich der negativen Konsequenzen ihres Verhaltens bewusst sind. Diese Beobachtungen werfen eine Reihe grundsätzlicher Fragen auf: Inwiefern beruhen unsere Entscheidungen und Handlungen auf unbewussten Prozessen? Warum tun wir mitunter nicht das, was wir »eigentlich« wollen? Warum gelingt es Menschen bei der Verfolgung wichtiger Ziele häufig nicht, kurzfristigen Versuchungen zu widerstehen oder eingeschliffene Gewohnheiten zu überwinden? Kann man Beeinträchtigungen der Selbstkontrolle im Alltagshandeln durch Verhaltensparameter und Hirnaktivierungsmuster in kognitiven Aufgaben vorhersagen? Was folgt aus den empirischen Ergebnissen für das Konzept der Willensfreiheit? Im Vortrag werden diese Fragen im Lichte experimenteller Befunde und theoretischer Modelle der experimentellen Psychologie und kognitiven Neurowissenschaften diskutiert.