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Unbewusste Entscheidungen
Wie das Gehirn seine Weichen stellt

Vortrag von Prof. Dr. John-Dylan Haynes

Wir haben oft den Eindruck, es gäbe einen klaren Zeitpunkt, an dem wir eine bestimmte Entscheidung fällen. Es scheint, der Ausgang habe bis zu diesem Moment noch nicht festgestanden und wir hätten uns noch anders entscheiden können. Der Zeitpunkt der subjektiven Entscheidung spielt für uns in der Festlegung des Ausgangs also eine besondere Rolle. Dem scheinen jedoch Ergebnisse aus der Hirnforschung in der Tradition von Benjamin Libet (unter anderem aus unserer Arbeitsgruppe) zu widersprechen. Diese zeigen, dass der Ausgang von Entscheidungen paradoxerweise bereits vor dem Zeitpunkt der subjektiven Entscheidung vorhergesagt werden kann. Auch wenn diese Vorhersage nur begrenzt ist, scheinen sie dem Eindruck zu widersprechen, wir hätten uns noch umentscheiden können. Allerdings zeigen andere Ergebnisse, dass wir die Vorhersage auch durchbrechen können. So können Menschen eine einmal angebahnte Entscheidung bis zu einem sehr späten Zeitpunkt wieder abändern. Es scheint also unklar, ob und wenn ja wie früh unsere Entscheidungen vorher festgelegt sind. Dieser Vortrag wird einen Einblick in diesen scheinbaren Widerspruch geben und ihn versuchen auflösen. Dabei werden zwei Themen beleuchtet: (1) Unterschiede zwischen Vorhersage und Vorherbestimmung, sowie (2) die Schwierigkeit, die Phänomenologie der Entscheidungsvorbereitung genau zu erfassen. Es zeigt sich, dass die Vorhersage von Entscheidungen irrelevant für ihre kausale Festlegung und mithin auch für das Problem der Willensfreiheit ist. Stattdessen werden alternative Bezugsrahmen vorgestellt, wie das Verhältnis von neuronalen Prozessen und Entscheidungsfreiheit konzipiert werden sollte.