Symposium TdS 2014* | Den Anderen verstehen – Einblicke in das soziale Gehirn
26.09.2014, 20:15 - 21:45
*Veranstaltungen (1996–2015) im Rahmen des »Turm der Sinne« sind vor Gründung von Kortizes abgehalten worden; jedoch mit maßgeblicher Arbeit des heutigen Kortizes-Teams. Die Auflistung hier erfolgt nur aus archivtechnischen Gründen.
Den Anderen verstehen
Einblicke in das soziale Gehirn
Vortrag von Prof. Dr. Dr. Kai Vogeley
Scheinbar mühelos verschaffen wir uns in einem »Augenblick« einen ersten Eindruck von der inneren Verfassung anderer Personen. Diese Prozesse, die in der Sozialpsychologie als Eindrucksbildung (impression formation) oder Personenwahrnehmung (person perception) bezeichnet werden, beruhen auf automatischen Informationsverarbeitungsprozessen. Diese Prozesse lassen sich mit geeigneten Versuchsbedingungen und unter Anwendung von funktioneller Hirnbildgebung auch auf einer neuronalen Ebene systematisch untersuchen. Dazu verwenden wir oft sogenannte virtuelle Charaktere, die die Vorteile der systematischen Untersuchbarkeit und einer hohen ökologischen Validität vereinen. Untersuchungen zur nonverbalen Kommunikation mit einem besonderen Schwerpunkt auf menschlichem Blickverhalten zeigen, dass im Wesentlichen zwei verschiedene neuronale Systeme beteiligt sind. Dabei handelt es sich zum einen um das sogenannte Spiegelneuronensystem (mirror neuron system), das stärker auf bewegungsbezogene Signale fokussiert ist und eine vergleichsweise frühe Verarbeitungsstufe sozialer Signale darstellt, die mit der Detektion befasst ist. Dieses Netzwerk wird zum anderen ergänzt durch das sogenannte soziale neuronale Netzwerk (social neural network), das stärker auf die innere Verfassung von Personen gerichtet ist und eine vergleichsweise späte Verarbeitungsstufe sozialer Signale darstellt, die mit der Evaluation befasst ist. Untersuchungen an Personen mit hochfunktionalem Autismus oder Asperger-Syndrom zeigen eine Minderaktivierung insbesondere des auf die Evaluation gerichteten sozialen neuronalen Netzwerks und bestätigen damit die Schwächen der sozialen Interaktion und Kommunikation.