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*Veranstaltungen (1996–2015) im Rahmen des »Turm der Sinne« sind vor Gründung von Kortizes abgehalten worden; jedoch mit maßgeblicher Arbeit des heutigen Kortizes-Teams. Die Auflistung hier erfolgt nur aus archivtechnischen Gründen.

Mythos, Utopie, Ideologie
Der Urkonflikt von Emanzipation und Nostalgie

Vortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. Norbert Bischof

Mythische Erzählungen von der Entstehung der Welt weisen erstaunliche kulturübergreifende Parallelen auf. Dieser Gleichklang bedarf einer Erklärung. Mit der wissenschaftlichen Kosmologie haben sie offenkundig nichts zu tun; von welcher »Welt« ist da also die Rede? Tatsächlich gewinnen die Weltentstehungsmythen unerwartete Plausibilität, wenn man sie als Erinnerung an das Erwachen der sozialen Welt im kindlichen Bewusstsein liest. Dieses zu deuten war freilich nie ihre Funktion. Was die Menschheit beunruhigte, war immer die Frage nach den objektiven Fundamenten unserer Existenz. Solange die Wissenschaft hierauf aber noch keine Antwort wusste, konnte die Weise, in der sich bei jedem von uns einst das Bewusstsein entfaltet hat, auch zum verborgenen Sinngeber kosmologischer Welterklärungen werden. In der Moderne kann der Mythos diese Aufgabe freilich nicht mehr leisten. Er ist gleichwohl nicht verschwunden, sondern nur degeneriert – zu politischen Ideologien und Utopien, die jetzt seine Funktion übernommen haben, wobei man ihnen ihre Herkunft aber noch ansehen kann. Diese Betrachtungsweise bietet eine Handhabe zum Verständnis des linken und rechten Radikalismus.