Symposium TdS 2014* | Intelligenz – wozu eigentlich? Die biologische Evolution des sozialen Gehirns
28.09.2014, 09:45 - 10:30
*Veranstaltungen (1996–2015) im Rahmen des »Turm der Sinne« sind vor Gründung von Kortizes abgehalten worden; jedoch mit maßgeblicher Arbeit des heutigen Kortizes-Teams. Die Auflistung hier erfolgt nur aus archivtechnischen Gründen.
Intelligenz – wozu eigentlich?
Die biologische Evolution des sozialen Gehirns
Vortrag von Prof. Dr. Eckart Voland
Die Leitfrage dieses Vortrags verweist auf ein vermeintliches Paradox in den Ergebnissen evolutionär-anthropologischer Forschung. Auf der einen Seite zeigen Laborexperimente, zu welchen außerordentlichen Intelligenzleistungen Primaten, insbesondere die Großen Menschenaffen, in der Lage sind. Die weit bekannt gewordenen Schimpansen-Versuche von Wolfgang Köhler am Anfang des 20. Jahrhunderts legten zum ersten Mal Zeugnis davon ab, dass zumindest begabte Schimpansen nachdenken, bevor sie an die Lösung eines Problems gehen. Seitdem schien festzustehen: Die typisch menschliche Intelligenz fiel nicht vom Himmel, sondern sie hat sich – wie jedes andere biologische Merkmal auch – in langen evolutionären Selektionsprozessen von tierlichen Vorformen zu dem entwickelt, was wir heute vorfinden. Der Grund für den evolutionären Siegeszug der Intelligenz schien schnell gefunden: In der Auseinandersetzung mit der harschen Natur waren diejenigen im Vorteil, die der Natur bestmöglich das abtrotzen konnten, was man zum Leben brauchte. Allerdings beobachten Feldforscher kaum etwas, was zu dieser Interpretation passt. Menschenaffen können zwar auf intelligente Weise Kisten stapeln, um an Futter zu gelangen, tun im Freiland aber kaum etwas, was dem entspräche. Aber warum nicht? Wieso sind Menschenaffen ganz augenscheinlich intelligenter, als sie unter natürlichen Bedingungen zu erkennen geben? Ist unsere Intelligenz vielleicht gar nicht primär technologische Intelligenz, wie man seit Köhler dachte, sondern soziale Intelligenz?