Tagträume, Schlafträume und Bewusstsein – Spontane Gedanken im Wachen und im Schlaf | Live online
05.11.2020, 20:15 - 21:45
In Kooperation mit der Giordano-Bruno-Stiftung gbs.
Tagträume, Schlafträume und Bewusstsein
Spontane Gedanken im Wachen und im Schlaf
Live-Online-Vortrag von Dr. Jennifer Windt
Spontane Gedanken nehmen in unserem bewussten Erleben einen wichtigen Platz ein. Selbst wenn wir versuchen, uns auf eine bestimmte Tätigkeit zu konzentrieren und ganz im Hier und Jetzt zu sein, wird unsere Aufmerksamkeit leicht abgelenkt und unsere Gedanken schweifen häufig ab. Wir denken an die Vergangenheit, an die Zukunft, oder geben uns Tagträumen hin. Wissenschaftlichen Studien zufolge wandern unsere Gedanken beinahe 50% der Zeit weg von dem, was wir gerade tun oder worauf wir uns konzentrieren wollen. Dies geschieht scheinbar ohne unser Zutun und oft bemerken wir diesen Kontrollverlust nicht einmal. Auch im Schlaf erleben wir spontane Gedanken. Im Traum tauchen wir in eine assoziative, bewegte Bilderwelt ein. Wir erleben alternative, teils bizarre Szenarien, die mit unserem Wachleben oft nur wenig gemeinsam haben; manchmal träumen wir gar, eine andere Person zu sein. Gleichwohl wird uns im Traum meistens nicht bewusst, dass wir gerade träumen.
Der Vortrag gibt einen Überblick über die aktuelle Forschung zu Schlaf, Träumen, Tagträumen und wandernden Gedanken. Die Referentin argumentiert, dass neue Forschungsergebnisse wichtige Annahmen der Alltagspsychologie, aber auch der Philosophie und der Kognitionswissenschaft in Frage stellen. Zu diesen gehört, dass sich der Wachzustand durch fokussierte Aufmerksamkeit und zielgerichtetes, lineares Denken auszeichnet und dass das bewusste Erleben im Schlaf sich vom Wacherleben etwa durch defizitäres Denken und einen Kontrollverlust auszeichnet. Wenn wir diese Annahmen mit Blick auf die Ergebnisse der neueren Schlaf-, Traum- und Tagtraumforschung aufgeben, müssen wir uns fragen: Welchen Unterschied macht es eigentlich für unsere Geistestätigkeit, ob wir wachen oder schlafen? Sind Schlafträume intensivierte Formen von Tagträumen? Oder erleben wir im Schlaf und im Wachzustand gar dieselben Formen von spontaner Geistestätigkeit? Die Beantwortung dieser Fragen führt möglicherweise zu einem ganz neuen Verständnis von bewusstem Erleben im Schlaf und im Wachen.
Bitte beachten Sie die Anfangszeit 20:15 Uhr!
Bildquelle: Wikimedia Commons/Musée des Beaux-Arts, Nantes (Künstler: Georges de La Tour) [PD]
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