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*Veranstaltungen (1996–2015) im Rahmen des »Turm der Sinne« sind vor Gründung von Kortizes abgehalten worden; jedoch mit maßgeblicher Arbeit des heutigen Kortizes-Teams. Die Auflistung hier erfolgt nur aus archivtechnischen Gründen.

TdS Vortragsreihe »Von Sinnen« 2015*

Immer der Nase nach
Alles über das Riechen und wie es unser Leben bestimmt

Vortrag von Prof. Dr. Dr. Dr. Hanns Hatt

Düfte sind flüchtige Wesen – sie wehen heran und schon sind sie wieder weg. Sie lassen sich weder einfangen noch vernünftig kategorisieren, was die Wissenschaftler ärgert und ein Grund dafür ist, dass wir über diesen ältesten der menschlichen Sinne lange Zeit am wenigsten wussten. Und es liegt an den Möglichkeiten modernster Forschung, die zum ersten Mal in der Geschichte der Naturwissenschaften in der Lage ist, die physiologischen Prozesse des Riechens im Detail zu erklären. Es wurden spezifische von der Natur entwickelte Erkennungs- und Verstärkungsproteine entdeckt, die die enorme Leistungsfähigkeit des Geruchssinns ermöglichen. Damit lässt sich verstehen, warum es uns möglich ist, verschiedene Gerüche selbst in geringsten Konzentrationen wahrzunehmen und zu unterscheiden.

Durch bio- und gentechnologische Techniken, kombiniert mit bildgebenden Verfahren und elektrophysiologischen Methoden können wir heute live und in Echtzeit die komplette Welt der Duftwahrnehmung von der molekularen Ebene bis hin zu neuronalen Verarbeitungsprozessen im Gehirn beobachten. Dabei zeigt es sich, dass fast jeder Mensch biologisch gesehen die gleichen Voraussetzungen hat, etwa 30 Millionen Sinneszellen in der Nase besitzt und diese sich in 350 verschiedene Zelltypen unterteilen lassen. Jeder Zelltyp besitzt spezifische Rezeptoren für einen bestimmten Duft, z.B. für Vanille, Moschus oder Buttersäure. Darauf basiert das gesamte Spektrum der menschlichen Duftwahrnehmung. Erst das Interesse an Düften, das Training und bewusste Erlernen von verschiedenen Gerüchen entscheidet dann, ob man zur Supernase oder eher zum »Nasenzwerg« wird.

Das Riechen bestimmt unser Leben weit mehr als wir glauben. Düfte können unsere Befindlichkeit verändern, Sympathie und Antipathie beeinflussen, unser Sexual- und Sozialverhalten steuern oder Stimmungen und Emotionen, vor allem auch Erinnerungen an vergangene Zeiten auslösen. Die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus unserem Labor beweisen sogar, dass auch andere Organe und Körperzellen auf Düfte reagieren (z.B. Spermien, Prostatazellen, Hautzellen). Dieses Wissen wird dazu beitragen, um Krankheiten zu diagnostizieren oder zu heilen. Gerade in der heutigen Zeit, in der wir uns wieder zunehmend mit der Bedeutung von Düften für unser Leben bewusst werden, sind solche Erkenntnisse besonders wichtig. Die Riechforscher haben die Nase vorne.